Bei Menschen mit Laktose-Intoleranz liegt eine Unterversorgung mit dem Enzym Lactase vor. Die Laktosemoleküle werden nicht oder nur unzureichend in ihre Bestandteile aufgespalten und gelangen in diesem Zustand in den Dickdarm. Der dort ablaufende chemische Prozess, welcher für die Beschwerden einer Laktose-Intoleranz verantwortlich ist, gestaltet sich wie folgt: Die im Dickdarm ankommenden Milchzuckermoleküle werden ohne die Beteiligung von Sauerstoff in verschiedene chemische Elemente konvertiert; sie werden somit „anaerob“ vergärt.
Bakterielle Abbauprodukte
Neben einigen kurzkettigen Fettsäuren wie Milchsäure und Essigsäure entstehen als sog. Spaltprodukte auch die Gase Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Wasserstoff (H2). Dieser Umwandlungsprozess (die sog. „Fermentation“) hat für den menschlichen Organismus drei Hauptkonsequenzen: a) Durch die im Dickdarm gebildeten organischen Säuren wird die Darmperestaltik (Darmbewegung) angeregt und dadurch die Anfälligkeit für Durchfall erhöht.
b) Durch die wasserbindende Eigenschaft von Milchzucker (12 g Laktose reichen, um 200 ml Wasser einzudicken) entsteht ein osmotischer Druck im Inneren des Dickdarms („Darmlumen“). Durch diesen Druck strömen von außen Wasser und Natrium (Salz) in den Hohlraum des Darms, bis das osmotische Gleichgewicht wieder vorhanden ist. Kurzfristig kann sich so das Volumen der Flüssigkeit im Dickdarm bis auf das Fünffache erhöhen. Man spricht von einer „osmotisch bedingten Volumenbelastung“ des Dickdarms. Da diese einen abführenden Effekt ausübt, kommt es zu einer „osmotischen Diarrhö“ (Durchfall). c) Durch die bakterielle Zersetzung der Milchzuckermoleküle werden die Gase Kohlendioxid, Methan und Wasserstoff gebildet. Diese sammeln sich im Dickdarm und führen zu Blähungen. Durch die anatomische Konstellation des Dickdarms können die Gase aber u. U. lange in der Darmschleife verweilen, wodurch es zu einem stark aufgeblähten, lang anhaltendem Blähbauch kommt. Aus diesem Grund haben viele Betroffene einen nach vorne gewölbten Bauch sowie das Empfinden von Übergewicht.
Ein Teil der Gase wird durch die Darmwand in die Blutbahn abgegeben. In Abhängigkeit von der Menge kommt es zu regelrechten Vergiftungserscheinungen des Gesamtorganismus. Sie machen sich u.a. als Schwindelgefühl bemerkbar. Da diese Gase auch durch die Lunge ausgeatmet werden, setzt hier der Laktose-Toleranztest an: Es wird der Wasserstoffgehalt der Atemluft gemessen und die individuelle Laktose-Toleranz ermittelt.
Chronische Verdauungsstörungen
Für gewöhnlich befindet sich im Inneren des Darms eine schützende Schleimschicht. Diese wird durch die regelmäßigen Durchfälle, welche ein saures Milieu im Darmlumen erzeugen, geradezu dezimiert. Als langfristige Folge tritt eine „intestinale Permeabilität“ (eine veränderte Durchlässigkeit der Darmwand) auf. Somit können Nahrungsbestandteile in den Organismus gelangen, die normalerweise die Darmwand nicht passieren könnten/würden. Vermutlich ist diese Begleiterscheinung für einige der unspezifischen Symptome verantwortlich. Bisher gibt es noch keine validen Untersuchungen zu den langfristigen Folgeschäden für den Organismus. Lediglich bekannt ist, dass auch ungespaltene Laktose-Moleküle in die Blutbahn gelangen. Sie werden nicht verstoffwechselt und später mit dem Urin ausgeschieden. Es wird vermutet, dass max. 1 % aller Disaccharide diesen Weg nimmt.
Problematisch ist auch die sich selbst verstärkende Wirkung der Laktose-Intoleranz. Sie beruht ebenfalls auf dem Effekt, dass die enzymtragende Darmschleimhaut durch chronische Verdauungsbeschwerden beeinträchtigt wird. Infolge von Milchzuckeraufnahme kommt es zu einer Reduzierung der Enzymeinlagerung in den betroffenen Darmabschnitten, was wieder weitere Verdauungsbeschwerden verursacht.